Eine Filmkritik von Stephan Fasold
Im Franchise hört dich niemand schreien
„Alien: Romulus“ ist der erste Alien-Film von Fede Alvarez und gleichzeitig der bereits siebte der Reihe, lässt man die „Alien vs. Predator“-Filme außen vor. Anders als Ridley Scott mit seinen beiden Prequels „Prometheus“ (2012) und „Alien: Covenant“ (2017), knüpft „Alien: Romulus“ an die Geschehnisse des ursprünglichen Films „Alien“ (1979) an und fungiert als Soft-Reboot der Reihe.
Die Handlung setzt auf einem düsteren Minenplaneten des Mega-Konzerns Wayland-Yutani ein. Nachdem der Ausreiseantrag der jungen Minenarbeiterin Rain (Cailee Spaeny, dieses Jahr schonin „Civil War“ zu sehen) zum wiederholten Mal abgelehnt wurde und sie weiteren Jahren harter Arbeit entgegenblickt, lässt sie sich gemeinsam mit ihrem Androiden Andy (David Jonsson) dazu überreden, an einem riskanten Plan mitzuwirken: Ihre Freunde Tyler (Archie Renaux) und Kay (Isabela Merced) wollen mit zwei anderen Aussteigern mehrere Kryo-Schlafkapseln aus der havarierten Raumstation Romulus bergen, um sich anschließend auf die siebenjährige Reise zum grünen Planeten Yvaga III zu machen. Auf der Raumstation angekommen, stößt die sechsköpfige Crew auf eine unbekannte Lebensform, die schon bald Jagd auf die Neuankömmlinge machen wird.
Der Film beginnt mit einer ruhigen Kamerafahrt durch die Ruinen der Nostromo, des zerstörten Frachtraumschiffs aus Alien. Doch während sich in den Anfängen der Reihe Zeit gelassen wurde, eine bedrohliche Stimmung aufzubauen und die Charaktere zu etablieren, wird die Stille in Alien: Romulus bereits nach wenigen Sekunden durch einen Knall durchbrochen. Ein Bergungsraumschiff erscheint auf der Bildfläche, automatische Programmabläufe werden aktiviert und hauchen der Elektronik Leben ein. Schnell wird deutlich, dass sich Alvarez in seiner Alien-Iteration für Lautstärke und Action statt Suspense und Subtilität entschieden hat. Der Regisseur selbst betont, das 2014 erschienene Videospiel Alien: Isolation habe ihn zur Geschichte von Alien: Romulus inspiriert. In dem Spiel – zeitlich ebenfalls zwischen den ersten beiden Filmen angesiedelt – begleiten wir die Protagonistin Amanda Ripley (Tochter der Filmheldin Ellen Ripley) durch eine verlassene Raumstation.
Alvarez’ Inspiration von einem Videospiel wird auch in der Verknüpfung der Handlungspunkte deutlich: So müssen die Crewmitglieder beispielsweise am anderen Ende der Station die Batterien für die Kryokapseln finden, im Kommandozentrum Waffen besorgen und sich in einem Alien-infizierten Raum besonders leise fortbewegen. Beständig bekommen sie dabei Befehle und Expositionshäppchen durch einen per Funk zugeschalteten Androiden. Durch diese Dynamik entwickelt der Film einen einnehmenden Sog, der wenig Leerlauf zulässt. Wie in einer Geisterbahn werden die Zuschauer*innen mit den Figuren durch verzerrt gefilmte Gänge gejagt. Körper fallen der Kamera entgegen oder werden in Schächte gezogen. Auch durch die verzerrte Kamera und die vorgelegte Geschwindigkeit gleicht dies einem hektischen Fiebertraum. Die atmosphärisch beleuchteten Sets und das Sounddesign erinnern wiederum an die VideospielreiheDead Space und sind die größten Stärken des Films.
Neben den genannten Videospielen sind sowohl Alien als auch der Nachfolger Aliens (1986) leicht zu identifizierende Bezugspunkte für Alien: Romulus und es fällt schwer, nicht an den besonders im Marvel-Kontext inflationär verwendeten Begriff Fan-Service zu denken. Es gibt die ausgebeuteten Mitglieder der Arbeiterklasse, die einsame Heldin, den störrischen Androiden und einen amoralischen Konflikt zwischen dem Überleben der Crew und den kapitalistischen Verwertungsinteressen der Megacorporation. Auch auf visueller Ebene sind die Bezüge so zahlreich, dass sie nicht nur Kenner*innen der Serie bekannt vorkommen sollten. Lüftungsschächte, veraltet wirkende Zukunftstechnik, schleimige Xenomorphs und das Wiedersehen mit einem alten Bekannten lassen aber besonders Fanherzen höher schlagen.
Trotz seiner vielen Inspirationen trägt Alien: Romulus die Handschrift von Alvarez und man muss seiner Interpretation der Alien-Geschichte anrechnen, dass sie von einer Konsequenz geprägt ist, die den beiden Ridley-Scott-Filmen Prometheus und Alien: Covenant zuletzt fehlte. Alvarez’ Einfluss bringt es allerdings auch mit sich, dass der Film deutlich formelhafter daherkommt als die beiden genannten Werke. So spielt die verwaiste Station in Alien: Romulus die gleiche Rolle wie die Hütte oder das Haus aus seinen Horror-Werken Evil Dead (2013) und Don’t Breathe (2016). Es sind alles Orte, an denen austauschbare junge Menschen, deren Charakterzeichnung über coole Sprüche und eine lässige ‚What can possibly go wrong’-Attitude nicht hinausgeht, nach und nach dahingerafft werden. Immerhin verlässt der Film für sein Finale die ausgetretenen Pfade, was auf mehr Eigenständigkeit in einem eventuell folgenden nächsten Teil hoffen lässt. Insgesamt ist Alien: Romulus subtextärmer als andere Filme der Reihe, durch seine verdichtete Atmosphäre jedoch als Reboot für das Franchise durchaus gelungen.
„Alien: Romulus“ führt das erfolgreiche „Alien“-Franchise zurück zu seinen Wurzeln: Während eine Gruppe junger Weltraumkolonisatoren auf einer Entdeckungstour in den Tiefen des Universums eine verlassene Raumstation plündert, trifft sie auf die unerbittlichste und tödlichste Lebensform des Universums. Es beginnt ein nervenzerfetzender Kampf ums Überleben …